Ola Heimarbeiter, zu Zeiten vor dem aktuellen Welt-Wahnsinn haben Kulturschaffende an ganz unterschiedlichen Orten Perlen der Filmkunst geschaffen. Da wir diese Orte derzeit aber nicht persönlich bereisen können, lohnt sich an dieser Stelle ein filmischer Blick in die ältere und jüngere Vergangenheit.
Der grüne Planet
Frankreich, 1996 – Den Streifen kannte ich null. Er hat in Deutschland nie ’ne richtige Veröffentlichung bekommen, aber er lohnt: Menschen auf einem erdähnlichen Planeten haben den Kapitalismus, Krankheiten und Seuchen (!), Tiere essen, Egoismus und Kriege schon seit Jahrtausenden hinter sich gebracht. Beim Hippie-Happening entschließt man sich, die Witwe Mila zur Erde zu schicken um den Stand der Dinge dort zu begutachten. Der letzte „Besucher aus dem All“ – so auch der deutsche Untertitel – war dermaßen angeekelt von der Erden-Menschheit, dass sich niemand mehr bereit erklärt hatte, sich das Elend freiwillig anzuschauen… Ausgestattet mit einem Übermaß an Naivität und Kuriosität aber auch mit telepathischen Fähigkeit pflügt „das Alien“ durch Paris und sorgt für urkomische aber auch massiv nachdenkliche Momente – ein Meisterwerk über eine wohl niemals erreichbare Utopie!
Rapid Grannies
Belgien, 1988 – Die betagten Großtantchen laden die Sippschaft zum Geburtstagsfeiern (kennt das noch jemand?!?) auf ihr herrschaftliches Anwesen ein. Und diese durch die Bank raffgierigen Unsympathen kommen alle angelaufen – schließlich will man ja ans Erbe! Doch die Damen des Hauses fangen sich einen bösen Dämonen-Zombie-Virus (!!!) ein und beginnen langsam aber stetig, die Heuchler-Family zu filetieren! Ein feiner Splatter-Spaß ohne Anspruch auf Niveau oder Brillanz. Erinnert doch mehrfach an „Evil Dead“ und andere Vertreter des Genres. Aber einfach Birne aus und Blutfontänen drüber!
Der Unsichtbare
Australien, 2020 – Cecilia wacht auf, schlüpft aus dem Ehebett und schleicht sich minutenlang (fast) geräuschlos aus dem hochtechnisierten Anwesen ihres Mannes. Mit allerletzter Mühe und Not kann sie mit Hilfe ihrer Schwester die Flucht (vor was oder wem eigentlich?) umsetzen. Diese sauspannende Eingangssequenz zeigt, wo der Hase in den folgenden fast zwei Stunden hin läuft. Dauerhafte Paranoia zieht sich durch alle Ritzen. Man sieht durchweg kaum etwas Ungewöhnliches, aber die Bedrohung (welche überhaupt?) ist fast greifbar! Unsere Protagonistin wandelt dabei auf einem schmalen Grat zwischen Wahnsinn und Selbsterhalt. Und der Zuschauer badet alle paar Minuten in einem anderen Gefühlsgulasch. Der Film war ursprünglich als Teil des „Dark Universe“ geplant. Doch der Start des MCU-Horror-Pendants wurde mit „Die Mumie“ ordentlich versemmelt. Somit hat man diesen Plan bei Universal schnell wieder beerdigt und ein sehr eigenständiges Werk geschaffen. Und auch wenn’s gegen Ende etwas unlogisch und überbordend wird, es ist massiv sehenswert!
Der Elefantenmensch
Großbritannien, 1980 – David Lynch legte zwischen den Extremen „Eraserhead“ und „Dune“ ein wahrhaftes Meisterwerk über (Un-)Menschlichkeit hin. Es lässt den Zuseher bis heute zwischen Anteilnahme und aufgestauter Wut pendeln. Herausragende Akteure (u.a. Anthony Hopkins als „blutjunger“ Arzt), edles S/W-Bild, für Lynch-Verhältnisse extrem straight und zurückhaltend erzählt (ein paar Traumsequenzen sind die Ausnahmen). In der heutigen Zeit, in der man für das Nichtbefolgen von kaum nachvollziehbaren „Regeln“ angefeindet oder denunziert wird, wichtiger denn je. Freiheit, Recht auf Selbstbestimmung und gesellschaftliche Anerkennung gibt es nur wenn Du „X“ sagst/machst/aussiehst – we are fucked up…
Why don’t you just die!
Russland, 2018 – Stell dir vor, deine Freundin stiftet dich zum Mord am Schwiegerpapa an (Begründung hier irrelevant). Du klopfst an die Tür, trittst mit einem Hammer „bewaffnet“ in die wohlig-warmen Mietbehausung von Papi und Mami und merkst ganz schnell, dein potentielles Opfer wird sich nicht so leicht „geschlagen“ geben wie erwartet / erhofft / vermutet. Diese Ausgangsposition (und ich habe gerade minimal gespoilert, sorry) sorgt für eine absurd-komische Achterbahnfahrt des Irrsinns, die sich quasi ausschließlich in dieser Wohnung abspielt. Klingt zunächst etwas strange. Aber Tempo, Ausstattung, unverbrauchte und sehr prägnante russische Schauspieler sowie Storywendungen hinter jeder neuen Prügelattacke machen das Ding zum potentiellen Kultfilm – Na sdorowje!
Der Leuchtturm
Kanada, 2019 – 19. Jahrhundert, Insel, Leuchtturm, zwei Wärter, viele Vögel, Nebel, Dauerhorndröhnen, Schufterei, Suff, Einsamkeit, Misstrauen, Unwetter, Aberglaube, Albträume, Verlogenheit, Neid, Realitätsverlust, Mordlust, Selbstzerstörung, Hoffnungslosigkeit. Das alles serviert uns dieses unfassbar beklemmende und im wahrsten Sinne grauenhaft infernalische Zweitwerk von Robert Eggers („The Witch“). Willem Dafoe und Robert Pattinson als einzige Protagonisten liefern ab als ob es kein Morgen mehr gäbe! Dazu ein von Anfang an verstörendes fast quadratisches Bildformat in einem depressiv-matschigen S/W. Ein Gefängnis von einem Film, man will eigentlich nur noch raus!
Passend zur aktuellen Lage lasse ich mir jetzt ’ne Maske ins Gesicht tätowieren. Das kommt auf die Dauer wohl günstiger und nachhaltiger!
In diesem Sinne,
Euer Hank Frank Schrader
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