Kino Trailer Filmkritik Benanza.de
Filmbühne Magazin

Trailerpark News – Happy Sunshine

Grüßt Euch wohl Ihr Lappen, heute gibt’s ne Menge „vorgespielter Harmonie“ welche aus unterschiedlichen Gründen zu zerbrechen droht – und das auch nicht selten tut. Aber seht selbst …

Agnes

Nonne Agnes eskaliert beim Abendmahl im Kloster und beschimpft die anderen Pinguine mit satanischem Vokabular – klar, besessen, Exorzist muss her … Klingt alles sehr bekannt und ausgelatscht, aber so wohl noch nie umgesetzt: In der ersten Hälfte schon fast amüsant, beißend ironisch, keine der Figuren ist trotz düsterer Thematik (und ja, die Katholen bekommen hier ordentlich den Spiegel vorgehalten!) so wirklich ernst zu nehmen. Bevor nach einem einschneidenden Ereignis die Stimmung fast ins Depressive kippt, wandelt sich die Grusel-Komödie zum Sozialdrama mit dem „echten“ alltäglichen Horror in unserer „gottlosen“ und kapitalistischen Welt. Zwar mit wenig Budget gedreht, dafür aber optisch trickreich und definitiv alle Erwartungen unterlaufend – muss man nicht mögen, aber zum Fürchten und Wegsehen ist das auch nicht!

Everything Everywhere All at Once

Kino im Jahr 2023. In diversen Multiversen schlagen sich diverse Superhelden mit Diversitäten ihrer selbst herum(weil den Autoren in diesem Universum wohl nichts mehr anderes einfällt). Doch hier bekommt es Michelle Yeoh als Wäschereibesitzerin mit einer Heerschar von Versionen von so ziemlich Allem in Zeit und Raum zu tun – der Titel passt also wie die Faust aufs Auge! Und dieses unfassbar kreative Fest für eben diese Augen ist in meinen nicht mehr als DER BESTE FILM DES JAHRES (okay, ich hatte ja schon „Helden der Wahrscheinlichkeit“ auserkoren, aber das hier toppt alles, war nicht umsonst eine zeitlang All-Time-No-1 auf diversen Bewertungsportalen).

Die Story beginnt harmlos. Der Besuch bei der Steuerprüfung einen Tag vor dem chinesischen Neujahrsfest entpuppt sich jedoch als Katastrophe. Die resolute rücksichtslose bärbeißige Steuerprüferin (Jamie Lee Curtis in einer wirklich abartig-krass-fies-fetten Rolle – ALTER!) will den Laden aufgrund fehlender Steuerformulare einfach dicht machen! Auch der demente ultrakonservativ-strenge Vater und die aufmüpfige neu-lesbische Tochter sorgen nicht für Entspannung. Als dann der biedere kleinlaute Ehemann („Shorty“ aus „Indiana Jones 2“!) auch noch plötzlich wie ausgewechselt scheint, beginnt eine Hatz durch Welten, Epochen, Liebschaften, Fights und Shoot-Outs, um nichts weniger als die Multiweltvernichtung zu verhindern. Die Story überschlägt sich mehrfach spektakulär, doch am Ende schmilzt alles zusammen. Trotz unzähliger Interpretationsebenen hat der Film eine erstaunlich simple Aussage und berührt mit dieser obendrein auch noch. Wer keine Lust auf Lachen, Weinen, Staunen, Fürchten und Nachdenken hat, kann dagegen gerne weiter an die Decke gucken!

Sundown

Britische Konzernchefin und Mutter von zwei nahezu erwachsenen Schnöselkindern macht mit diesen und dem phlegmatischen aber unkomplizierten Onkel Urlaub in Acapulco. Eine Hiobsbotschaft aus der Heimat fordert die umgehende Rückreise. Doch Onkel (grandios wie noch nie: Tim Roth) hat seinen Pass im Luxus-Hotel vergessen und muss vorerst zurück bleiben. Statt sich um zeitigen Anschluss zu bemühen, setzt sich dieser erstmal mit einem Klappstuhl an den „Assi-Strand“ und lässt sich eimerweise alkoholische Getränke bringen. Ans Telefon geht er nur noch selten, sein Verhalten verwirrt immer mehr – sowohl die anderen Figuren als auch den Zuschauer … WOW! Keine Ahnung was das für ein Genre darstellen soll, irgendwo zwischen Familiendrama, Psycho-Thriller, Sozialstudie und Drogenfantasie bewegt sich die erst nach und nach entwirrende Geschichte und wirft deutlich mehr Fragen auf als beantwortet werden. Schon beinahe dokumentarisch gefilmt, rätselhaft, unerklärlich (oder doch!?) und von einer natürlichen Schönheit umgeben, dass es fast weh tut!

Nebenan

Leicht überheblicher Schauspieler auf dem Weg zum vermeintlichen Weltstar (Daniel Brühl spielt sich quasi selbst – und nimmt sich und seine Karriere dabei genüsslich aufs Korn ohne dabei ins Alberne abzudriften). In einer Berliner Kneipe trifft er auf einen Thekentrinker, der nach anfänglichen Pseudo-Nettigkeiten immer mehr Details aus dem Leben des Stars offenbart. Darunter einige Geheimnisse, welche wohl besser verschüttet geblieben wären. Selten muss ich hier einen deutschen Film empfehlen, aber was Daniel Brühl bei seinem Regiedebüt und in sehr beschränktem Setting abfeuert ist Metakritik at it’s best: An seiner egozentrischen Zunft, an der sich selbst vereinsamenden (Klassen-)Gesellschaft, am rücksichtslosen Turbo-Kapitalismus, an den kleinen und großen Lügen des Alltags die immer irgendwann auf irgendwelche Füße fallen … Peter Kurth als passiv-aggressiver Antagonist ist dabei unfassbar präsent, unangenehm, bemitleidenswert, spannend, undurchschaubar – ein ganz großer kleiner Film!

Massive Talent

Maximal überheblicher Schauspieler auf dem absteigenden Ast (Nicolas Cage spielt sich de facto selbst – und heißt im Film auch genau so!) muss notgedrungen als Gast auf einer Geburtstagsparty für einen Milliardär auftreten. Doch aus dem gut bezahlten Party-Trip nach Mallorca (ist aber in Kroatien und Budapest gedreht worden) entwickelt sich eine Geheimdienst-Operation um Waffenhandel und eine entführte Politikertochter. Und uunser alternder Ex-Action-Star die Drecksarbeit machen soll … klingt nach einer weiteren N.C.-Z-Movie-Klamotte, ist aber eine bodenständige Abrechnung & Hommage zugleich mit & an sich selbst ohne dabei zu harsch oder böse zu sein, ohne dabei zu wild oder übertrieben zu sein, ohne dabei den emotionalen Kern aus dem Auge zu verlieren. Pedro Pascal (der Mandalorian) ist dabei ein kongenialer Buddy, wenn die beiden im LSD-Rausch melodramatisch vor vermeintlichen Attentätern flüchten oder vertanen Lebenschancen hinterher trauern und sich dabei „anschmachten“, dann ist das großes ehrliches kreatives Unterhaltungskino mit Niveau – ganz im Ernst!

Haut’s rein, ihr Feuchttuch-Fetischisten, ich geh mal abwischen!

Euer Hank Frank Schrader

Du willst mehr? Hier findest du alle Folgen der Trailerpark News.

Titelfoto: Pixabay

0 Kommentare zu “Trailerpark News – Happy Sunshine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert