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Trailerpark News – Global Dystopia

Hurra, Hurra, der Mai ist da. Willkommen im Wonnemonat, die Bäume schlagen aus, die Vögel zwitschern, es blüht bunt und die Lebensfreude kommt zurück … Aber nicht hier! Hier ist vielmehr der globale Blick in üble Abgründe garantiert. Es wird dark und deep, depressing und derangiert. Eine Weltreise der miesen Laune, von Malaysia und Neuseeland über Ungarn und Island bis nach Mexiko und die USA. Hurra!

The Batman

Nach den grellbunten Katastrophen der 90er mit der Nolan-Trilogie schon auf einem guten Weg, kommt das neueste Fledermaus-Werk mit einer neuen Dimension an Düsternis daher. Dieser Film ist ein fast drei Stunden langes Biest. Diffus, dreckig, nass, finster, voller Gewalt und Korruption, voller Traumata und schwarzen Löchern im ohnehin schon blutroten Sumpf von Gotham. Eher eine Detektiv-Story als Comic-Saga, brutal realistisch, irgendwo zwischen „Sieben“, „Zodiac“ und „Blade Runner“. Die Gegner sind perfide und rücksichtslos. Dagegen stinkt sogar der Joker (in jeglicher Form) ab, beängstigend! Die Besetzung ist (trotz bzw. auch wegen Pattinson!) absolut perfekt. Die Ausstattung ist ein Gedicht (aber bitte nicht bei Tageslicht glotzen, dunkler geht es wirklich kaum noch). Und der Score ist meisterhaft einfach und gleichzeitig Gänsehaut pur. Eine neue brachiale Dimension, passend in unsere verwirrte und abgefuckte Zeit. Grandios!

The Sadness

Ein Virus verbreitet sich rasend schnell in Taipeh, soweit so bekannt. Doch die Befallenen greifen alles und jeden wie im Tollwut-Wahn an. Aber dabei wird nicht geknabbert sondern gequält: Die dunkelsten und übelsten Seiten menschlichen Handelns kommen hier zum Vorschein. Verbale und körperliche Gewalt auf Speed sind omnipräsent. Inmitten dieses Chaos folgen wir einem auf der Flucht getrennten Paar, das versucht sich in diesem Terror-Rausch wieder zu finden. Was sich vielleicht nach „Zombie-Standard“ anhört ist in seiner Abartigkeit, Bösartigkeit und zynischen Verherrlichung von hauptsächlich sexueller Gewalt einzigartig – viel brutaler geht es kaum mehr! Zwar nicht DER HÄRTESTE FILM ALLER ZEITEN wie häufig zu lesen, aber nahe dran. Für diejenigen unter euch mit Magenproblemen oder Virusphobie absolut nicht zu empfehlen!

Coming Home in the Dark

Wenn die Laune bis hierhin noch nicht im Keller ist, bitteschön, nun greifen wir in die unterste mögliche Etage. Darunter geht nix mehr: Campende Familie in der Neuseeland-Pampa wird von zwei Typen mit Shotgun in einem Range Rover entführt. Schnell wird klar wird, dass man es hier mit einem maximal fiesen und gemeinen nächtlichen Kammerspiel-Roadmovie zu tun hat, das wirklich 0,00 Gefangene macht. Die sich nach und nach entfaltende Backstory zieht dann noch derber in die abgrundtiefe Dunkelheit aller Beteiligten hinein. Es gibt keinen Ausweg und keine Gnade, und zwar für niemanden. Der Streifen ist ein kleiner, aber ultra heftiger bitterböser Downer vom anderen Ende der Welt. Mein Lust einmal nach Neuseeland zu reisen tendiert ab jetzt echt gen Null …

New Order

Mexiko-City, eine reiche Familie feiert in der fett bewachten Villa Traumhochzeit. Doch diese entwickelt sich alsbald zum Alptraum, als Unruhen in der Stadt die Party doch erheblich stören. Die Unruhen sind losgetreten von der armen und ausgenutzten Bevölkerung, die der Korruption und strukturellen Gewalt der Elite zu lange zu krass ausgeliefert war. Doch jetzt entlädt sich diese Unterdrückung in heftigsten Ausbrüchen, und nach den ersten Eskalationen beginnt das Militär die Lage für seine „neue Weltordnung“ auszunutzen … klingt jetzt alles nicht total weit hergeholt, ist es auch nicht. Selbst in unseren Breiten ist eine solche Entwicklung nicht mehr völlig utopisch. Man denke nur an den Zutritt zur Arbeit per Code/Pass, der quasi willkürlich gewährt und wieder entzogen werden kann – kommt mir irgendwie bekannt vor … Die nackte Gewalt und die Rücksichtslosigkeit, mit der hier nahezu alle Parteien versuchen nur ihre eigenen Interessen durchzusetzen, ist erschreckend. Schlussendlich haben sich Machtstrukturen und Totalitarismus nur noch weiter zementiert – Rebellion lohnt sich halt nicht!

Pleasure

Schwedisches Girlie reist in die USA um Pornostar zu werden. So weit, so normal. Doch diese Industrie ist alles andere als eine koksige Fuck-Orgie mit Aperol-Spritz-Cocktails. Diese Industrie ist ein knallhartes Geschäft in dem getrickst und manipuliert wird bis die Backen klatschen. Das lernt die Protagonistin schnell und versucht sich mit allen Mitteln „nach oben“ zu kämpfen. Trotz halbwegs expliziter Sexszenen wird hier Zero Erotik versprüht. Das Dasein der Darstellerinnen wird ehrlich, rigoros und dreckig in fast Arthouse-Szenerien greifbar vermittelt. Auch wenn das Thema sicher nicht neu ist, ist dies hier quasi der Anti-„Boogie-Nights“: ungeschminkt, bedrückend, schmerzhaft, unglamourös und authentisch.

Lamb

Isländisches Schafzüchter-Ehepaar taumelt offenbar traumatisiert und in einer tiefen Krise steckend durch den Schafzüchter-Alltag. Die Weite und Einöde der fast surreal wirkenden Landschaften sind erhebend und erdrückend zugleich. All das ändert sich radikal, als eines der Schafe eines Tages etwas gebärt, was nicht so ganz 100 Prozent als „Lamm“ bezeichnet werden kann. Eines ist allen schnell klar – auch dem abgehalfterten Bruder des Gatten, der sich aus Gründen auf der einsamen Farm einnistet: Die Natur hat das letzte Wort noch nicht gesprochen … Was folgt, ist ein düsteres Drama mit Horror-Touch, leicht sperrig, weird, wortkarg, intensiv, in sich ruhend aber mit einer depressiv-mystischen Aura umzogen. Der Film funktioniert eher auf einer metaphorischen Ebene und ist mit Noomi Rapace ideal besetzt. Der schmale Grat zwischen WTF-Momenten und unfreiwilliger Lächerlichkeit wird kunstvoll gemeistert, überrascht der Streifen doch mit nachhaltiger Wirkung.

Post Mortem

Ungarn ist ja nicht wirklich als Zentrum der Filmschaffenden bekannt, aber dieses fast schon monumentale Geister-Horror-Drama haut ordentlich auf die tiefschwarze Kacke: Ein im 1. Weltkrieg fast getöteter Soldat schlägt sich danach als „Post Mortem-Fotograf“ durch, indem er frisch Verstorbene vor der Beerdigung mit ihren Verwandten ablichtet (ja, sowas gab es wirklich!). In einem entlegenen Dorf – so weit draußen, dass selbst die Farben den Weg dahin kaum finden – kommt er dann so etwas wie „paranormalen Phänomenen“ auf die Spur. Auf seinen Fotos befinden sich immer häufiger dunkle Schatten, die sich nach und nach materialisieren und die Dorfbewohner terrorisieren … Optik, Ausstattung, Atmosphäre – alles ist auf einem überraschend hohen morbiden Niveau. die Schockszenen kommen stets überraschend und münden in einem brachialen Inferno, in dem Realität und Wahnsinn zu einer schwarzen Wolke verschmelzen. Gruselig!

In diesem Sinne, freut Euch des Frühlings und Enter the Darkness, ihr Durchgepeitschten!

Euer Hank Frank Schrader

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Titelfoto: Patrick Perkings / Unsplash

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